Und plötzlich war da Stolz – auf sich und seine Stärken
Wie mein Sohn durch den Stärkentest gewachsen ist.
Ich möchte heute eine sehr persönliche Geschichte mit dir teilen – natürlich mit Einwilligung meines Sohnes.
Denn es geht um ihn. Und darum, was passiert, wenn ein junger Mensch seine Stärken erkennt – nicht irgendwann, sondern jetzt, am Anfang des Berufslebens.
Mein Sohn ist 17 Jahre alt. Und ich bin ehrlich: So klar wie er heute wirkt, war er nicht immer. Seine Schulzeit war – wie bei so vielen Jugendlichen – eine Zeit voller Fragen, Unsicherheiten und seine Laufbahn war nicht unbedingt geradlinig und daher auch für mich als Mutter etwas „herausfordernd“.
Glücklicherweise ist er in seinem 10. Schuljahr durch eine Kette von „Zufällen“ (die es ja nicht wirklich gibt, aber das wäre ein extra Artikel) und vielen guten Gesprächen in eine Ausbildung geraten, die sehr gut zu ihm passt: medizinisch, menschlich, verantwortungsvoll. Er geht darin voll auf.
Zweifel und „Vergleicheritis“
Und trotzdem kamen ihm kürzlich kleine Zweifel. Was war passiert? Er war doch so glücklich mit der Ausbildung? Ich war sehr irritiert.
Wir hatten ein längeres Gespräch. Er hat sich mit Kumpels verglichen, die aktuell das Abi machen, sich in Richtung Studium orientieren. Diskussionen darüber, ob das, was er macht, „genug“ ist. Ob er später noch etwas „Größeres“ daraus machen kann und ob er dann viel länger braucht, um am selben Ziel eines abgeschlossenen Studiums anzukommen. Ich hörte genau hin: Was genau bewegt ihn? Und es ging ihm „nur“ um den zeitlichen Horizont. Andere kommen womöglich schneller am Ziel an.
Ich konnte ihn beruhigen. Denn aus meiner Erfahrung im Personalbereich auch mit vielen Auszubildenden weiß ich, dass kaum einer direkt den ersten gewählten Studiengang direkt durchzieht, sondern mindestens einmal wechselt. Volltreffer. Er nannte einen Freund, der aktuell genau das durchmacht.
Ich konnte ihm vermitteln, wie wertvoll es ist, dass er schon seine berufliche Richtung gefunden hat und in seinem Freundeskreis damit viel, viel weiter ist. Ich habe ihm angesehen, wie er die Gespräche mit seinen Kumpels im Geiste durchging und mir recht geben musste.
Selbstwert durch Stärken – ein kostbarer Moment
Ich hole kurz aus: Seit vielen Jahren sind wir meist über Ostern in London. Hier haben wir Zeit und reden auch viel. Er erzählte mir, dass er davon träumt, einmal in London zu leben, das Abi nachzuholen, dann ein Jahr nach London und danach vielleicht sogar Medizin zu studieren. Das klingt alles sehr schön – aber auch ziemlich weit in die Zukunft gedacht. Und ganz einfach und kurz ist der Weg nicht. Er steht aktuell ja erst am Anfang seiner Ausbildung.
Aus Interesse – und weil ich mich selbst ja täglich mit dem Thema beschäftige – hat er sich entschlossen, den Stärkentest, mit dem ich mit meinen Coachees arbeite, zu machen.
Er ging nach oben in sein Zimmer. Nach 15 Minuten kam er wieder herunter. Und seine ganze Körperhaltung drückte aus: Er war zehn Zentimeter gewachsen – und Stolz.
Wirklich – so fühlte es sich an. Er las mir seine Top-Stärken vor. Und begann ganz von allein, sie einzuordnen. Zu reflektieren. Zu verstehen.
Seine stärkste Stärke: Weitblick. Natürlich. Der Blick in die Zukunft. Die vielen Ideen und die großen Träume von London und seinen großen Plänen machten plötzlich total Sinn.
„Das ist es!“, sagte er. „Das erklärt total, warum ich manchmal schon so weit denke.“ Seine Kumpels tun das nicht.
Die zweite Stärke: Verantwortung. Passt. Er arbeitet mit Menschen, mit Medikamenten, mit klaren Abläufen. Er ist da verlässlich, sorgsam und unglaublich genau und gewissenhaft und hat sogar schon ärztliche Fehler entdeckt und damit Schlimmeres vermieden.
Die dritte Stärke: Menschenkenntnis. Das haben wir gemeinsam. Das freut mich persönlich besonders. Wir können ewig darüber sprechen, wie Menschen ticken. Wie sie sich verhalten, was sie antreibt, was zwischen den Zeilen passiert. Er sieht das. Und zwar tief. Viel tiefer, als man es einem 17-Jährigen vielleicht zutraut. Darüber können wir uns tatsächlich austauschen, auch wenn wir uns – naturgegeben – ansonsten im Alltag in eher unterschiedlichen Welten bewegen. Aber mit seinen Kumpels hat er hier eher weniger Ansprechpartner.
Stärken stärken nachhaltig
Seitdem ist etwas anders. Immer wieder, wenn er mir von seinem Arbeitsalltag erzählt, frage ich ihn: „Und welche deiner Stärken war da im Spiel?“ Er guckt mich an – erst kurz irritiert, dann grinst er. Und hat die Antwort sofort parat.
Er sieht sich. Und er fühlt sich gesehen.
Nicht nur im Job, sondern in seinem ganzen Sein. Er hat erstmals seine Stärken – sogar schriftlich. Ich glaube wirklich, dass dieser Test für ihn ein Wendepunkt war. Nicht, weil er plötzlich den einen perfekten Weg vor sich hatte. Den hatte er zu diesem Zeitpunkt schon. Sondern, weil er zum ersten Mal das Gefühl hatte:
„So wie ich bin, passt das. Ich bin richtig. Ich bin wertvoll.“
Das Schulsystem tut das leider eher selten, um nicht zu sagen gar nicht. Auch ich als Mutter habe das – rückblickend – nicht immer so gut geschafft, die positiven Seiten meines Sohnes zu fördern und hervorzuheben. Aber durch diese neue Sprache der Stärken, durch das gemeinsame Nachdenken, holen wir das jetzt nach.
Für die Eltern: Was ich euch mitgeben möchte
Vielleicht liest du das als Mutter oder Vater. Jugendliche lesen ja heutzutage nicht so viel Text ;-). Vielleicht hast du selbst eine/n Jugendliche/n zu Hause, der oder die noch nicht weiß, wohin die Reise geht. Oder du bist selbst unsicher, was du deinem Kind raten kannst.
Der Stärkentest ist kein Zauberstab. Aber er ist ein echter Startpunkt. Für Selbstvertrauen. Für Gespräche. Für Orientierung. Und für ein neues Verständnis – zwischen dir und deinem Kind.
Ich weiß, dass viele Eltern ihren Kindern das Beste wünschen – und gerade beim Thema berufliche Orientierung oft unsicher sind.
Ich habe aktuell (noch) kein offizielles Angebot für Jugendliche – aber diese Erfahrung hat mir gezeigt, wie wichtig es wäre, auch hier Impulse zu geben. Vielleicht ist es nur ein Gespräch. Oder ein Test. Vielleicht ist es einfach dieses eine Gefühl: „Ich bin okay, so wie ich bin – und ich habe etwas, das zählt.“
Wenn du selbst eine Tochter oder einen Sohn hast, der gerade nicht weiß, wohin es gehen soll, und du möchtest, dass er oder sie dieselbe Erfahrung machen darf, schreib mir gern:
coaching@sandrajost
oder buche einen Termin zum unverbindlichen Austauschen. Ich freu mich darauf.
Denn: Wenn junge Menschen sich selbst verstehen, verändert sich ihr ganzes Leben.
Deine Sandra
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